Ich habe das Buch jetzt einmal gelesen und finde es sehr gut. Nur der Titel ist falsch gewählt. Im Vorwort kommen die Autoren der Sache etwas näher.
Wir haben lange überlegt, warum wir den Titel nicht Geschichte, sondern Geschichten um den Flugplatz Anklam genannt haben.
Sie haben das Buch aber Geschichte & Geschichten genannt. Geschichte & Geschichten um den Agrarflug hätte es am ehesten getroffen, denn, wie am Titelbild schon zu sehen, der Hauptteil des Buches dreht sich um den Agrarflug. Deshalb finde ich es auch sehr gut. Aber von vorn.
Das Buch umfaßt 159 Seiten. Nach Vorwort und Inhaltsverzeichnis folgt von Seite 5 bis Seite 9 das erste Kapitel: 'Die historischen Anfänge der aviochemischen Fliegerei'. Soweit sehr gut. Noch zum ersten Kapitel gehört von Seite 9 bis Seite 19: 'Die Entstehungsgeschichte des Anklamer Flugplatzes'. Archive und Zeitungen wurden ausgewertet, und ein Zeitzeuge der bei der Luftwaffe auf dem Anklamer Fliegerhorst von 1936 bis 1940 diente berichtet sehr informativ über den Aufbau und die erste Belegung des Fliegerhorstes. Allerdings wird nur am Rande erwähnt daß hier eine Navigationsschule mit einer Ju-52 und eine Bombenschule mit Do-23 und später mit He-111 stationiert war. Mit seiner Versetzung 1940 endet leider dieses Kapitel. Keine Angaben über die Nutzung während des zweiten Weltkrieges. Wer Informationen zum Zusammenspiel mit Trollenhagen oder vielleicht zur Stukaschule Tutow, über etwaige Auffrischungen von Kampfgeschwadern oder Ähnliches sucht: Finger weg.
Von Seite 20 bis 125 dann der Hauptteil des Buches, in drei Kapitel aufgeteilt. Ich schreibe jetzt einfach mal: 'Geschichten des Agrarfluges in der DDR'. Es sind zwar Episoden, Anekdoten und andere Erinnerungen von Anklamer Flugzeugführern und Stationsmechanikern, aber ich bin mir sicher, daß diese Geschichten so oder so ähnlich in jeder anderen Agrarflugstaffel der DDR vorgekommen sind. Verbunden mit einigen Zeitungsartikeln und einigen wenigen Statistiken sind diese Geschichten zwar chronologisch aber lose aneinandergereiht. Es wird über die ersten schweren Jahre berichtet, als es noch keine Grund- und Arbeitsflugplätze gab und die Bauern erst überzeugt werden mußten, daß und wie das mit dem Flugzeug funktioniert. Zum Beispiel wurde von Klee- oder Stoppelfeldern gestartet. Die Arbeit war beendet und der Pilot ging zum Feierabend zu seiner Gastfamilie. Als er am nächsten Morgen zum Flugzeug kam und zum nächsten Einsatzort fliegen wollte war der Stoppelacker umgebrochen. Wie nun Starten?
Diese und andere Probleme werden geschildert, es wird berichtet über die Normalisierung der Agrarfliegerei, die Gründung der Agrochemischen Zentren, verbunden mit der Schaffung von Grund- und Arbeitsflugplätzen, die ein Ende des Zigeunerlebens der Agrarflieger brachte, Einführung neuer Flugzeugtypen und so weiter. Der Fliegerhumor kommt auch nicht zu kurz. Eine Kostprobe:
Ein Flugzeugführer im Agrarflug konnte sich bei Orientierungsverlust eigentlich nicht verfliegen. Wenn bei Nordkurs Wasser unter ihm kommt ist er an der Ostsee. Wenn bei Westkurs unter ihm die Autos schneller fahren als er fliegt, umkehren BRD. Wenn er Südkurs fliegt und es wird bergig, umkehren du verläßt bald die DDR. Wenn er Ostkurs fliegt und die Felder kleiner werden, umkehren VR Polen.
Es ist ein entspanntes Lesen.
Auf den Seiten 126 bis 139 folgt dann das Kapitel nach der Wende. Das Ende des Agrarfluges und der Neubeginn des Flugplatz Anklam. Hier paßt der Titel des Buches.
Abgeschlossen wird das Buch mit einigen Anlagen. Zum Beispiel Abkürzungen/Begriffserklärungen, Sitz der Betriebsteile des Agrarfluges der DDR, Technische Daten der vier in Anklam verwendeten Flugzeuge L-60 An-2 Z-37 und M-18 und ganz zum Schluß einer Zeittafel des Flugplatz Anklam.
Für Interessierte des Agrarfluges der DDR ein sehr gutes Buch.
Reiner Stopp, Herbert Probst
FLUGPLATZ ANKLAM
Steffen Verlag
19,90 Euro
ISBN 3-937669-51-5
Ich habe diese Angaben in der örtlichen Buchhandlung vorgelegt und nach 2 Tagen konnte ich das Buch abholen.
