Ich mag ja gern in alten Büchern schmöckern. Und als ich letztens so schön in der Wanne lag, blätterte ich das Fliegerjahrbuch 1975 durch.
Und was fand ich auf Seite 164 bei den "Luftfahrtdaten"?
Am 2.April 1973: Auf dem Zentralflughafen Berlin-Schönefeld trifft eine Wirtschaftsdelegation aus den USA zu Besichtigungen und Verhandlungen in der DDR ein.
Ihr gehören u.a. an Präsident Kotchian (Lockheed Aircraft Corporation) und die Vizepräsidenten Keywood und Kight (Rockwell International Corporation)
Was war da? Zu der Zeit war ja nach meiner Meinung etwas Entspannung angesagt, man schaue nach 1975 zum gemeinsamen Raumflug UdSSR/USA. Andererseits hatte Lockheed damals einige Absatzprobleme mit Ihrer L-1011 TriStar. Wäre es denkbar, das man eventuell versuchte, ein Geschäft einzufädeln?
Lockheed & Rockwell 1973 in der DDR
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Re: Lockheed & Rockwell 1973 in der DDR
Ja, Lockheed hätte versuchen können, ein paar L-1011 abzusetzen. Rockwell hatte zur gleichen Zeit noch einige Apollo-Raumschiffe auf Halde liegen, doch die DDR-Regierung konnte wegen des DDR-typischen Mangels an Startrampen nur dankend ablehnen. ;-)
Bei dieser Meldung habe ich mich aber sogleich auch gefragt, was man denn den Besuchern aus den USA zur Besichtigung angeboten haben könnte.
Recht naheliegend wäre da die computer-gesteuerte automatische Fertigungstraße PRISMA 2 im Chemnitzer Stammbetrieb des Fritz-Heckert-Kombinats, die dort seit 1971(!) in Betrieb war.
Wer das nicht gesehen hat, kann sich das kaum vorstellen. Ich habe diese Science-Fiction Produktionsanlage damals im UTP-Unterricht gesehen. Mir sind zwei Dinge in Erinnerung geblieben: die autopilot-gesteuerten und somit fahrerlosen Transportfahrzeuge sowie die Luftkissenplattformen zum Transport großer Lasten.
Das war mächtig gewaltig, Egon - und im Gegensatz zum 1-MB-Chip* der DDR sogar real.
*) Äääh, 64-Megabit-Chip (s.u.)
Bei dieser Meldung habe ich mich aber sogleich auch gefragt, was man denn den Besuchern aus den USA zur Besichtigung angeboten haben könnte.
Recht naheliegend wäre da die computer-gesteuerte automatische Fertigungstraße PRISMA 2 im Chemnitzer Stammbetrieb des Fritz-Heckert-Kombinats, die dort seit 1971(!) in Betrieb war.
Wer das nicht gesehen hat, kann sich das kaum vorstellen. Ich habe diese Science-Fiction Produktionsanlage damals im UTP-Unterricht gesehen. Mir sind zwei Dinge in Erinnerung geblieben: die autopilot-gesteuerten und somit fahrerlosen Transportfahrzeuge sowie die Luftkissenplattformen zum Transport großer Lasten.
Das war mächtig gewaltig, Egon - und im Gegensatz zum 1-MB-Chip* der DDR sogar real.
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Thomas
Hier könnte ein flotter Spruch stehen.
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Re: Lockheed & Rockwell 1973 in der DDR
Gegensatz zum 1-MB-Chip der DDR sogar real.
Irrtum - der war Real. Habe auch einen. Alleerdings war es ein MBit-Chib, Nicht MB.
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Re: Lockheed & Rockwell 1973 in der DDR
Wirf den mal nicht weg, das ist eine Rarität. Soweit ich weiß, wurden davon nur ca. 1.000 Stück produziert, nachdem Erich Honecker 1988(?) ein Labormuster des U61000-1 überreicht bekam.
Der unreale Chip, den ich eigentlich meinte, muß der Vorgänger U6164 gewesen sein, denn meine Information hierzu stammt aus dem Jahr 1986 (und der U61256 wurde erst 1987 vorgezeigt). Bei seiner Präsentation vor der Partei- und Staatsführung war er noch nicht funktionsfähig und so bekam Herr Honecker kurzerhand ein Blindmuster mit aufgedruckter Typenbezeichnung überreicht. Später ging er natürlich irgendwann einmal in die Produktion. (Ein Blindmuster ist ein Gehäuse mit "Beinen", aber ohne Chip im Inneren.)
Somit erging es Erich Honecker fast genauso, wie damals Walter Ulbricht, als er 1958 die "hallenfertige" 152 vorgeführt bekam.
Rockwell hat damals auch Chips (Mikroprozessoren) hergestellt, aber ob das der Grund für den Besuch war ist fraglich. Immerhin hatte die DDR bis ca. 1974 mit der Arbeitsstelle für Molekularelektronik Dresden (AMD) noch den internationalen Stand der bei der Grundlagenforschung mitbestimmt.
Der unreale Chip, den ich eigentlich meinte, muß der Vorgänger U6164 gewesen sein, denn meine Information hierzu stammt aus dem Jahr 1986 (und der U61256 wurde erst 1987 vorgezeigt). Bei seiner Präsentation vor der Partei- und Staatsführung war er noch nicht funktionsfähig und so bekam Herr Honecker kurzerhand ein Blindmuster mit aufgedruckter Typenbezeichnung überreicht. Später ging er natürlich irgendwann einmal in die Produktion. (Ein Blindmuster ist ein Gehäuse mit "Beinen", aber ohne Chip im Inneren.)
Somit erging es Erich Honecker fast genauso, wie damals Walter Ulbricht, als er 1958 die "hallenfertige" 152 vorgeführt bekam.
Rockwell hat damals auch Chips (Mikroprozessoren) hergestellt, aber ob das der Grund für den Besuch war ist fraglich. Immerhin hatte die DDR bis ca. 1974 mit der Arbeitsstelle für Molekularelektronik Dresden (AMD) noch den internationalen Stand der bei der Grundlagenforschung mitbestimmt.
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Thomas
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Re: Lockheed & Rockwell 1973 in der DDR
Also, es gab wohl doch eine 6 bis 7 stellige Zahl.
Der Chip sollte irgendwann in Dresden (?) gefertigt werden. Allerdings wirde nur auf der Prototypenfertigungstrasse in Jena gefertigt.
Angesäuert war das MfS, da man wohl offenbar von Siemens Unterlagen zum Speicherchip brachte (Siemens widerrum hatte eine Fertigungslizenz von Toshiba), aber die Leute diese nicht brauchten.
aus dem Robotrontechnikforum:
Noch a paar Pictures!
Im Usenet war mal eine schönme Diskussion mit guten beispielen, leider wurden die Telekom-Server abgeschaltet.(Reste: http://www.ureader.de/msg/144838908.aspx)
Im letzten Jahr gabs es einige dieser Chips im Internet zu kaufen!
Die U61000 waren zu 1024k x 1 Bit organisiert. D.h. 8 Stück U61000 ergaben 1MByte
Fotos: http://waste.informatik.hu-berlin.de/di ... 61000.html
Der Chip sollte irgendwann in Dresden (?) gefertigt werden. Allerdings wirde nur auf der Prototypenfertigungstrasse in Jena gefertigt.
Angesäuert war das MfS, da man wohl offenbar von Siemens Unterlagen zum Speicherchip brachte (Siemens widerrum hatte eine Fertigungslizenz von Toshiba), aber die Leute diese nicht brauchten.
aus dem Robotrontechnikforum:
Zur 1Mbit-Story gibt es dort Ausführungen über den damaligen Chefentwickler Dieter Landgraf-Dietz, sowie seine Team-Kollegen Jens Knobloch, Michael Raab und Bernd Junghans. Bereits Ende 1986 erhielt DL-D vom GD Biermann persönlich den Auftrag bis 1989 den 1MBit-DRAM und bis 1992/93 den 4MBit-Chip in eine Pilotfertigung zu bringen. Unabhängig davon sollte die "holpernde" Serienfertigung der 256K-Speicherchips stabilisiert werden. Es war das "Programm der Höchstintegration", ein - wie immer in solchen Fällen - Projekt mit höchster Geheimhaltungsstufe. Schwierig durchzusetzen war das allerdings bei der notwendigen Kooperation mit weiteren 250 bis zeitweise nahezu 1000 Experten aus der ganzen Republik. Die Stasi und das Schalck-Imperium spielte natürlich auch mit, die Russen und, und... und trotz der üblich "Schwierigkeiten im System" konnten bereits am 9.8.1988 die ersten fehlerfreien Muster-Scheiben hergestellt werden. Am 12.9.1988 stellte GD Biermann im Berliner Staatsratsgebäude Honnecker diese Spitzenentwicklung vor. "Zufälligerweise" war auch Gorbatschow mit einer sowjetischen Regierungsdelegation dabei und auf die Frage eines seiner Minister, woher den die DDR die dazu notwendigen Spezial-Ausrüstungen hat, antwortete Biermann genüßlich "aus der Mongolei".
Es gibt noch ein weiteres Bild, als sich Honnecker und Mittag im kleinen Kreis von GD Biermann und dem Entwicklerteam den 1MBit-Chip an Hand eines mehrere qm-großen Chip-Foto Posters erklären läßt. Ob die davon wohl ein Wort verstanden haben...?
Nach umfangreicher Schwachstellenanalyse wuchsen dann langsam Zuverlässigkeit und Ausbeute der Pilotproduktion, so daß noch 1989 (Zitat) "einige Zehntausend Megabit-Speicherschaltkreise an ...Robotron" geliefert werden konnte. Die Ausbeute erreichte am Jahresende 12%, ein im DDR-Maßstab vergleichsweise guter Wert. International wurden jedoch bereits 70% erreicht, bei einer wöchentlichen (!) Produktion von 1 Million Stück.
Es blieb bei dieser Pilotproduktion im ZMD in Dresden. In Erfurt war zwar die Massenproduktion geplant, aber von ESO III stand damals nur die Bauhülle und weder der Reinstraum noch die speziellen TSA waren in Aussicht.
DL-D beschäftigte sich dann seit Anfang '89 bereits mit dem 4MB-Thema. Dazu sollte in Dresden Klotzsche-Grenzstrasse auf der grünen Wiese eine völlig neue Fabrik gebaut werden, Kostenpunkt ca. 3 Milliarden Mark (nicht DM!).
Noch a paar Pictures!
Im Usenet war mal eine schönme Diskussion mit guten beispielen, leider wurden die Telekom-Server abgeschaltet.(Reste: http://www.ureader.de/msg/144838908.aspx)
Im letzten Jahr gabs es einige dieser Chips im Internet zu kaufen!
Die U61000 waren zu 1024k x 1 Bit organisiert. D.h. 8 Stück U61000 ergaben 1MByte
Fotos: http://waste.informatik.hu-berlin.de/di ... 61000.html
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Re: Lockheed & Rockwell 1973 in der DDR
Danke für das Zitat. Einer der vier genannten Herren war einmal mein Chef. Von ihm hatte ich auch die Information mit dem Blindmuster zwecks Erfolgsmeldung an Erich Honecker, was beim ZFTM in Dresden aber ein offenes Geheimnis zu sein schien.
Sein Name war mir inzwischen leider entfallen, was ich immer sehr bedauert habe. Er und seine Kollegen waren in meinen Augen überdurchschnittlich begabte Wissenschaftler und Ingenieure - und neben ihnen kam ich mir damals immer sehr klein vor.
Die von Dir genannte Usenet-Quelle berichtet, daß der 1988 an EH überreichte 1-Megabit-Chip ebenfalls nur ein Leergehäuse gewesen sein soll. Das überrascht mich nun wirklich nicht mehr, aber auch darüber dürfte inzwischen Gras gewachsen sein.
Vielleicht finden wir ja trotz dieses Abschweifens im Laufe der Zeit doch noch heraus, was es mit dem Besuch von Rockwell und Lockheed in der DDR auf sich hatte.
Sein Name war mir inzwischen leider entfallen, was ich immer sehr bedauert habe. Er und seine Kollegen waren in meinen Augen überdurchschnittlich begabte Wissenschaftler und Ingenieure - und neben ihnen kam ich mir damals immer sehr klein vor.
Die von Dir genannte Usenet-Quelle berichtet, daß der 1988 an EH überreichte 1-Megabit-Chip ebenfalls nur ein Leergehäuse gewesen sein soll. Das überrascht mich nun wirklich nicht mehr, aber auch darüber dürfte inzwischen Gras gewachsen sein.
Vielleicht finden wir ja trotz dieses Abschweifens im Laufe der Zeit doch noch heraus, was es mit dem Besuch von Rockwell und Lockheed in der DDR auf sich hatte.
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